Wir warten auf das
Silvesterfeuerwerk in Sydney...
Noch
Sonntag, 31.12.00/259. Tag :
Die Nacht ist gerade über Sydney hereingebrochen, da beginnt das
erste 10minütige Feuerwerk
beiderseits
der Harbour Bridge.
Die Synchronisation klappt noch nicht so richtig, doch es ist ein Vorgeschmack
auf das 3 Stunden später stattfindende große Neujahres- Spektakel und
reicht aus, diesmal beiden von uns Tränen in die Augen zu treiben.
Australien feiert nicht nur den endgültigen Beginn eines neuen Jahrtausends,
sondern auch sein 100jähriges Bestehen als Nation.
Motto: „100 Jahre als eine Nation, Millionen von Jahren als ein Land“.
Um 23 Uhr bekommen wir Besuch an unserem bislang trauten Aussichtspunkt.
Die Partygemeinschaft
entschuldigt
sich für die Störung, doch nebeneinander an die Hauswand gelehnt stehend,
bietet der Platz noch Raum für weitere Gäste. Die lassen nicht lange auf
sich warten: Eine halbe Stunde später
stößt
eine Gruppe halbwüchsiger Kinder aus dem Hinterland zu uns.
Wir quatschen und prosten – dann ist plötzlich Mitternacht und ein bunter
Lichterregen vom APM- Tower bildet den Auftakt des Feuerwerkes.
Die Aussies jubeln und klatschen, grölen und pfeifen.
Wir fassen uns an den Händen und genießen die eigenartige Kombination
aus Ergriffenheit und dem Stolz, hier zu sein.
Wasserfallartig ergießen sich jetzt vielfarbige Funkelsterne auch von
den Dächern der
anderen
Hochhäuser.
Erst nach ihrem Verglühen winden sich die ersten Kracher von der
Harbour Bridge aus in den wolkenlosen Himmel über Sydney.
Der "alte Kleiderbügel" erstrahlt in einem halbrunden blau-weiß-roten
Lichtermeer. MArtin entscheidet sich fürs Filmen und schießt nur vereinzelt
Photos.
20 Minuten lang kracht und donnert es, explodieren mehr als 2.000.000
A$ in der Luft, starren mehr als 1 Millionen Menschen gebannt in den funkelnden
und glitzernden Nachthimmel, haben Taschendiebe leichtes Spiel und Sydneys
Haustiere die Hosen voll.
Am
Ende leuchten an der Brücke nur noch zwei australische Symbole durch die
sich langsam verziehenden Rauchschwaden:
Der aboriginale Regenbogen- Geist als Erschaffer und Beschützer der Erde
und der Menschen, sowie der Föderations-Stern, der für 100 Jahre moderne
„weiße“ australische Geschichte steht.
Gemeinsam symbolisieren sie Hoffnung für die Zukunft Australiens.
Kurz vor Sonnenaufgang kehren wir ins Hotel zurück. Die Direktion war
zwischenzeitlich so frei, uns klammheimlich eine Flasche Sekt und eine
Packung angetrockneter Brandypralinen aufs Zimmer zu stellen.
Wir betrachten unser Video vom Feuerwerk im Fernseher unseres 200A$- Luxusapartments
und sind von seiner Qualität beeindruckt.
Es hat sich gelohnt, vorwiegend zu filmen.
Montag
01.01.01/260. Weltreise-Tag:
3 Stunden lang windet sich heute die 3
km lange Centenial
Parade anlässlich des
100jährigen nationalen Geburtstages durch Sydney- City. Hunderttausende
säumen den Straßenrand, stehen auf Stühlen, Tischen, Mauern, Dächern und
Bäumen - nirgends bleibt ein guter
Aussichtspunkt ungenutzt und
wir haben große Schwierigkeiten, auch nur kurzzeitig für ein gutes Foto
in die „erste Reihe“ zu gelangen.
Mehr als 6500 Aktive nehmen an dieser bislang größten Parade Australiens
teil. Ihr Auftakt fand bereits morgens mit einer Flugschau der Luftwaffe
statt, aber da haben wir noch geschlafen.
Die Parade würdigt zunächst die Kultur der Aboriginals und stellt sodann
die sechs zum
Commonwealth
gehörigen Staaten vor. Hunderte von Themen werden ähnlich wie auf unseren
Rosenmontagszügen (nur nicht so ernst, gell) dargestellt: Krieg und Frieden,
Politik, Kommunikation, Finanzen,
Transport,
Freizeitaktivitäten, nationale Erfolge und Besonderheiten, Sportclubs,
lokale Spezialitäten, Lifestyle und Erfindungen, bedeutende Persönlichkeiten
etc. pp.
Hinter den Zuschauerreihen parken in den abgesperrten Straßen bereits
die Wagen der Müllabfuhr und warten auf ihren Einsatz. Nach der Parade
werden sie die
Straßen innerhalb nur einer Stunde von
den gröbsten Resten des Festes bereinigt haben.
Wie Hunderttausende denken auch wir nach erlebtem Neujahresrummel an Weiterfahrt
und begeben uns zu Sydneys Hauptbahnhof. Die Sitzplätze in Australiens
Zügen müssen nämlich immer reserviert werden.
Wir
wussten es bereits, aber es ist schön, noch mal die offizielle Bestätigung
zu hören: Alle Züge Richtung Norden sind bis einschließlich Donnerstag
bereits seit Tagen völlig ausgebucht!
Bis Brisbane würde uns ein Zugticket ca. 140 A$ pro Person kosten und
wäre damit fast doppelt so teuer wie eine Busfahrt dorthin.
Der Januar ist nicht nur für sonnenhungrige Europäer
sondern
auch für einen Großteil der Aussies Hauptreisemonat. Außerdem sind hier
die Ferien ausgebrochen und eine riesige Reisewelle schwappt gen Norden,
der Sonne und dem Äquator entgegen.
Unter den Arkaden des Bahnhofsgebäudes befinden sich die Büros der einzelnen
Busunternehmen. Schlangen von wartenden Travellern stehen in und vor
den
Büros. Die Busse von Greyhound, Pioneer und Mc Cafferty's (die Tickets
kosten 78 A$) sind ebenfalls für die nächsten 3 Tage
ausgebucht.
Der Sydney
Coach Terminal um die Ecke bietet einen unternehmensübergreifenden
Buchungsservice. Hier erstehen wir mit Glück ein Ticket für den
Mittwoch- Nachtbus von Pioneer Motor Service bis Byron Bay. Abfahrt
22 Uhr, Ankunft
12
Stunden
später. Irgendwie erkennt der freundliche mate am Schalter an unseren
Nasenspitzen, dass wir Studenten sein müssen. Da kostet uns das Ticket
lediglich 69 A$ pro Person.
Wer sich die Geografie Australiens vergegenwärtigen will, findet hier
Landkarten
von Australien.
Dienstag
02.01.01/261. Weltreise-Tag:
Die Regale der Supermärkte um Kings Cross sind mit Waren angefüllt,
wie man sie so in
BRD
nicht sehen würde. Vieles ist auf die kleinen alltäglichen Bedürfnisse
spontan lebender Budget-
Kunden abgestimmt: Diverse Ohrenstopfen- Sortimente, Fingerzahncreme für
das Putzen ohne Bürste, Müslistangen, Backpacker-
Überlebenskits, Cola- Schokoriegel- Packs als
Notfrühstück, zarte Wachspflaster gegen unerwünschte weibliche
Sekundärbehaarung und eine variationsreiche Auswahl an Kondomen. Man male
sich mal den Lifestyle eines “typischen Stammkunden” aus...
;-)
Rauchen ist hier übrigens in sämtlichen (öffentlichen) Gebäuden,
einschließlich Gaststätten verboten. Etwas ungewohnt, für eine Zigarette
vor die Kneipentür gehen zu müssen.
Von erheblicher Weitsichtigkeit zeugen die Yellow Pages , die auf
den ersten 22 Seiten ein Dutzend sog. Talking Guides unter vierstelligen
Nummern nennen. Diese informieren beispielsweise in der Abteilung "Movie/
TV" über sämtliche Kinoprogramme, Fernsehprogramme für Kinder, Sportbegeisterte,
Soapliebhaber... Unter der Rubrik "What's on in Sydney" sind
sogar Schaubilder der
Sitzplatznummerierung
in Theatern, Footballstadien und der Opera abgedruckt... Der "medical
guide" erörtert Themen medizinischer Art einschließlich Geburtenkontrolle,
Schwangerschaftsberatung, psychologische Lebenshilfe, Geschlechtskrankheiten,
Süchte, kosmetische Chirurgie
und
genetisch bedingter Haarausfall.
Neben dem "pet- care guide", gibt es einen "Gesetzes- und
Finanzierungsguide", einen "wedding guide" und sogar einen
"beauty guide" mit dem Motto: "looking good, feeling good".
Der "Travel Guide" schließlich enthält neben wertvollen Telefonnummern
auch Stadt-, und Busfahrpläne.
Die sprichwörtliche Hilfsbereitschaft der Aussies bekommen wir zu spüren,
sobald wir unseren Stadtplan auf offener Straße zücken. Auf der anderen
Seite werden wir aber genauso häufig um 1 A$ „angepumpt“.
Mittwoch
03.01.01/262. Weltreise-Tag:
Nachdem wir bislang täglich das üppige und cholesterinhaltige
Frühstück des DeVere- Hotels verschlafen haben, sind wir heute rechtzeitig
vor 9 Uhr wach. Wie ausgehungert fallen wir über die gebratenen Eier,
die Kartoffel- Rösti und den
Speck
her. Etwas Müslischleim zum Füllen der Ritzen und ein süßes Brötchen noch
obendrauf... Aber unsere Mägen sind offensichtlich nichts Gutes mehr gewöhnt:
Noch Stunden später liegt uns das Frühstück wie ein Stein im Magen.
Das ist uns übrigens auf unseren multinationalen Streifzügen durch länderspezifische
McDonalds
Angebote bislang nie passiert. Weder die dicke fetttriefende Panade des
Mc Chicken in Malaysia noch die süsslich- pampigen Mc Spaghetti auf den
Philippinen oder der Test- Burger Mc Spicy in Singapur haben unsere Mägen
ähnlich belasten können. Der australienspezifische Mc Wrap, eher eine
abgespeckte, kalorienreduzierte Version für den kleinen Hunger zwischendurch
ist diesbezüglich sowieso über jeden Verdacht erhaben. Und, da wir gerade
beim Thema sind: Weil sich ein findiger Aussie den Namen Burger King in
Australien noch vor dem Fastfoodmulti reservieren ließ, gibt’s den Whopper
hier nur bei „Hungry Jacks“.
Bei Jolly Swagman treffen wir wieder auf Wüstenfuchs Alex (e-mail:
alex.on.tour@gmx.de). Seit 9
Monaten düst er mit seinem Motorrad durch das Outback Australiens. Die
„Dirtroads“ im Outback fordern Elektronik, Elektrik und Mechanik täglich
aufs Neue bezüglich ihrer Rüttel-, Schüttel- Staub- und Stoßfestigkeit.
Einiges
habe er in tagelanger Arbeit bereits an seiner KTM modifiziert, um sie
wüstentauglicher zu machen. Etwa 14 Tage reiche sein Lebensmittelvorrat,
den er in seinem ca. 80 kg schweren Gepäck mitführe. Mittels Trinkrohr
mit Microfilter trinkt er aus Bächen und Pfützen. Gepäck und Motorrad
werden auch in den nächsten Monaten sein Zuhause bleiben, in dem sogar
Musik nicht fehlt. Das Moped steht, gerade bepackt, zur Weiterfahrt bereit.
In seiner dicken schwarzen Ledermontur tropft Alex bereits nach wenigen
Minuten der Schweiß in dicken Perlen von der Stirn. Heute ist mit 34°C
der heißeste Tag seit unserer Ankunft.
Noch bevor Alex seine Wüsten- KTM besteigt, hängt er bereits an
der
Flasche. Der rutsch- und staubsicher unter seiner Jacke verstaute Trinkwasserbehälter
mit dem Trinkschlauch habe sich bei ihm bestens bewährt und wir sollten
ihn lobend auf unserer Equipment- Seite erwähnen. Machen wir, Alex! Die
Seite ist in Bearbeitung...
Alex weiß, wovon er spricht. Als Motorradfahrer hat
er im Outback nicht nur mit der Hitze, sondern auch mit jenem feinen roten
Wüstenstaub zu kämpfen der, einmal aufgewirbelt, minutenlang in der
Luft schwebt,
durch
die kleinste Ritze dringt und sich überall auf ewig einnistet. Als MArtin
1981 mit seinem damals neuen Rucksack
im Greyhound von Darwin nach Adelaide gefahren ist, hat es ihm fast
den Atem verschlagen, als er sein Prachtstück in Coober Pedy bis zur Unkenntlichkeit
versaut und völlig rot eingefärbt aus dem „eigentlich dichten“ Gepäckraum
des Busses gefischt hat. Einige rote Sandmoleküle haben sich bis heute,
5 Kontinente und 19 Jahre später in den soliden Nähten des Trekkers gehalten!
Nur die Feinporigkeit des innen wasserabweisend beschichteten Nylongewebes
und die doppelte Unterfütterung der Reißverschlüsse und Nähte hatten seinen
Inhalt vor Schlimmerem bewahrt. Damals gratulierte sich MArtin erstmalig
zu seiner Entscheidung, teures Geld in einen Spitzenrucksack investiert
zu haben und es war der Beginn einer langen Freundschaft.
Bevor Alex endgültig das Weite sucht, vermacht er uns noch seinen 600-
Seiten- Schmöker „Timeline"
von Michael Crichton und schreibt uns eine Widmung hinein. Unbedingt sollten
wir dieses spannende Buch lesen und es danach an einen „besonderen“ Menschen
weitergeben. Dann gibt er seinem Drahtkamel die Sporen.
Wir kontaktieren ProDive. Der Tauchshop bietet ab 12.1.01 einen IDC- Kurs
für 2800 A$ an. - Mal sehen...
Wir kaufen ein City- Hopper- Ticket, mit dem wir
preisgünstig
für 6 A$ den ganzen Tag mit Bus und U-Bahn durch Sydney kreuzen können.
Astrid hat sich Sonnenuntergang auf der Brücke in den Kopf gesetzt...
In der York Street besteigen wir den nächsten Bus über die Brücke. Für
diese Fahrt reicht das
Ticket
allerdings nicht aus, also lösen wir noch 2 weitere Fahrscheine. - In
Sydney zerrinnt einem das Geld zwischen den Fingern.
Selbst mit billiger Unterkunft würde uns hier eine Woche etwa soviel kosten,
wie ein ganzer Monat in den zuvor besuchten asiatischen Ländern.
Die nächste Haltestelle auf der anderen Seite des Hafens befindet sich
- natürlich nicht unmittelbar hinter der Brücke.
In dem Gewirr von über- und untereinander herführenden vierspurigen Schnellstraßen
suchen wir den Fußgängerzugang zur Brücke.
Die Fußgängerspur des „coat hangers“ erzittert unter dem
2m neben uns vorbeidonnernden Verkehr.
Die Luft ist mit Ruß- und Teerpartikelchen geschwängert, aber die Aussicht
auf Hafen und Opera
ist wunderschön.
Längst nicht alle Benutzer tragen Fotoapparate und sind Touristen, viele
joggen hier täglich oder kehren nach der Arbeit zu Fuß über die Brücke
heim.
Einer Umfrage nach ist "Bridgeclimbing
" die beliebteste touristische Attraktion
Australiens.
10 Jahre lang hat das Genehmigungs-verfahren dafür
gedauert und erst 1998 waren endlich alle amtlichen Auflagen für die Kommerzialisierung
dieses
ultimativen Thrills erfüllt.
Seither gibt es täglich Führungen von frühmorgens bis 22 Uhr nachts. Alle
10-15 Minuten macht sich eine in mausgraue Overalls
gekleidete Gruppe von alkoholspiegelgetesteten Abenteurern auf den Weg
über den hohen Rundbogen der Brücke. Jeder einzelne ist fest an ein Stahlseil
gekettet. Etwa 120 A$ kostet die Kraxelei – genug, um die Kassen des Veranstalters
lauter klingeln zu lassen als bei Disneyworld.
Wir sind fast am Ende der Brücke angelangt, als sich
die mittlerweile sehr tief stehende Sonne noch einmal zwischen den Wolken
blicken lässt und lange fingerförmige
Strahlen ins Firmament sendet.
Noch 2 letzte Fotos, dann ist die Batterie der Camera leer.
Jetzt müssen wir nur noch unsere Rucksäcke aus
dem Hotel holen und uns für die Nachtfahrt nach Byron Bay fertig machen.
Auf dem Weg zum Bahnhof essen wir ein
letztes Mal bei unserem italienisch- türkisch- griechischen Fast- Food-
Stamm- Imbiss bei Kings Cross. Die dort arbeitende Irakerin hat uns in
ihr Herz geschlossen und uns neben einem Extra- Schlag immer noch etwas
zum Naschen beigepackt.
Wir wollen uns bei ihr verabschieden und Ihr den Neujahres- Sekt der Hoteldirektion
schenken. Als dem neuen Jahrtausend die erste Stunde schlug, waren wir
nämlich mit einem Gallonenkarton Rotwein aus Barossa- Valley alkoholisch
bereits überversorgt.
Pünktlich um 22 Uhr erreichen wir den Busbahnhof.
Unsere Tagesbillets für Sydneys Metro- und Busnetz haben noch bis 4 Uhr
morgen früh Gültigkeit.
Der Versuch, sie dem am Ticketautomaten anstehenden englischen Pärchen
zu verschenken, scheitert. - Wie man drauf sein kann...
Um 22:15
ist das Gepäck verstaut, sind alle Formalitäten erledigt und wir in unsere
Bussessel geknäuelt.
Während MArtin die ca. 900 km von Sydney nach Byron Bay völlig von "[TIMELINE]"
gefangen ist, versucht Astrid mehr schlecht als recht auf ihrem Platz
zu schlafen...
Schon mal gesucht?

Probier's mal!
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Schon mal probiert?

Such mal!
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