Dienstag:
16.05.00/29. Weltreise-Tag: Nach
unserem letzten Frühstück auf Koh Tan besteigen wir mit Kai Pongs Boot
nach Koh Samui. Lange winken wir dem am Strand versammelten "Abschiedskomitee"
zurück.
In Thong Kruth verabschieden wir uns von Tax, dann nehmen wir ein Pick-Up
nach Nathon, der Hauptstadt Koh Samuis.
Die Gegend um den Pier ist Busbahnhof und Markt zugleich.
Hier nehmen wir das Pick- Up nach Lamai Beach.
Wie
auf
Koh Samui üblich zahlen wir als Farangs den doppelten Fahrpreis:
40 Baht pro Person.
Gleich am südlichen Ortseingang von Lamai- Beach steigen wir aus und gehen
zielstrebig zu der Bungalow-Anlage mit schönem Blick über die gesamte
Bucht, weil ihre Hütten stufenweise in den Hang gebaut sind.
Hier sind wir zwar einen 5minütigen Fußmarsch außerhalb, dafür bekommen
wir aber weniger von dem Remmi Demmi mit, das hier rund um die Uhr veranstaltet
wird.
Für 200 Baht pro Übernachtung sind die Koeng- Bungalows erstaunlich
sauber, das große fast quadratische Bett (ohne Moskitonetz) einladend
bezogen.
Einen Kompromiss schließen wir bei der Sicherheit: Die Fenster sind nicht
vergittert und die Tür nicht mit Vorhängeschloss verschließbar.
Abgesehen
davon ist sind die Sperrholzwände so dünn, dass sie schon beim Anlehnen
nachgeben.
Wegen der Hanglage ist man trotzdem "für sich".
Bereits an der Rezeption hatte MArtin sich nach den Stromzeiten erkundigt.
Eine etwas naive Frage, denn wir sind ja jetzt quasi von der touristischen
Peripherie in eine Hochburg der Farangs, ins Mekka der hohen und breiten
Kunst des “eine Hand wäscht die Andere”-
Prinzips,
ins südöstliche Zentrum der zum Teil “altgedienten”, stets freundlich
lächelnd animierenden Lebemädchen, ins 24 Stunden am Tag pulsierende,
Techno- Musik- verseuchte und verkehrslärmige Koh Samui gezogen, wo es
natürlich rund um die Uhr Strom hat und haben muss.
Bezüglich Verkehr und Musik ist Lamai
Beach allerdings nur zweite Wahl, diesbezüglich ist der wenige
Kilometer weiter nördlich liegende Chaweng Beach (mehr Rummel für mehr
Geld) unschlagbar.
Bis wir eingerichtet sind, ist es dunkel geworden.
Wir sehnen uns nach einem Bad und machen uns auf den Weg zum
Strand.
Dort gehen wir zu Auys Strandbar, die allerdings völlig verlassen ist
und im Dunkeln liegt.
Partyprofi Auy, den wir inzwischen durch seine Aufenthalte auf Koh
Tan und von unseren drei Besuchen auf Koh Samui ganz gut kennen, ist
jedoch nicht da.
Wir fühlen uns wie zu Hause, deponieren unsere Wertsachen in seiner Strandkneipe
'Round Midnight und gehen die paar Meter runter zum Meer.
Der Strand von Lamai Beach ist hier erste Sahne:
An Land weiß und feinkörnig, im
Bereich der geringen Brandung etwas grobkörniger mit stecknadelkopfgroßen
Kieselchen und Muschelteilen, sodass einem
nicht gleich die Badehose versandet. Das 29 Grad warme Wasser wird bereits
nach wenigen Metern so tief, dass man schwimmen muss.
Das Wasser spült den mit Staub vermischten Schweißfilm des Tages angenehm
kühl ab. Regungslos lassen wir uns eine halbe Stunde von den kleinen Wellen
an Land und wieder zurück spülen. Nach diesem erfrischenden Ganzkörperpeeling
fühlen wir uns wie neu geboren.
Wir suchen ein Restaurant, das etwas außerhalb liegt.
Wir finden zwar nichts, was uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt,
aber das letzte Licht des Ortes entpuppt sich als Supermarkt; in der Truhe
liegen mehrere Sorten Cornetto.
Nach 2 Wochen exklusiv thailaändischer Hausmannkost brechen wir unseren
Vorsatz, nicht den verführerischen Kulinarien der industrialisierten
Wohlstandsgesellschaft zu erliegen. Hmmm, lecker so ein Eis... Wir lutschen
es, während wir zu Fuß die dunkleren Randbezirke von Lamai erkunden.
Die Umgehungsstrasse von Lamai Beach, auf der wir uns
befinden, wirkt wie ausgestorben. Fast alle Geschäfte sind verschlossen,
staubige Badeschlappen vor den Türen weisen darauf hin, dass dahinter
das Leben weitergeht. Vereinzelt brennt noch Licht: in einer Schneiderei,
an einem Obststand, in einer Werkstatt oder einem offenen Verkaufs- Wohnzimmer
mit laufendem
Fernseher.
Halbkreisförmig führt die Strasse nach 40minütigem Marsch wieder Richtung
High Life.
Ab Kreuzung Lamai- Beach stehen wieder rechts und links der Strasse Restaurants,
Pubs und Discos, das Vergnügungsleben lockt mit
lauten schnellen Rhythmen aus unzähligen Lautsprechern.
Die Musik aus der einen Kneipe ist noch nicht verklungen, da drängt sich
bereits der Sound des nächsten Schuppens ins Ohr. Ein grässlich unmusikalisches
Erlebnis, dem wir uns im Moment nicht aussetzen wollen.
Deshalb biegen wir wieder Richtung Strand ab.
Ein schöner Blick bietet sich uns hier, am nördlichsten Punkt von
Lamai
Beach:
Zwischen dem Strand und uns verläuft ein ca. 10 Meter breiter Fluss. Eine
kleine, für Autos nicht passierbare Brücke
führt darüber.
Gleich links stehen, abseits vom Trubel und doch direkt am Strand die
neu erbauten Bungalows des Riverside- Resorts.
Wir trinken eine Cola und lassen uns einen Bungalow zeigen. Er hat einen
Schlafraum von ca. 3x3 Metern, eine saubere Nasszelle von ca. 1,5x2 Metern
und soll ebenfalls 200 B (10 DM) die Nacht kosten, wenn man 5 Tage bleibt.
Nicht nur sicherheitsmäßig ist er besser als unserer bei Koeng: Unter
Palmen am Sandstrand gebaut hat man den Fluss hinter sich und von vorne
hört
man das Meer rauschen. Brandneue Bambuseinrichtung, kaum benutztes und
frisch bezogenes Bett, was für diesen Preis anderswo keine Selbstverständlichkeit
ist.
Nach kurzem Zögern beschließen wir, dennoch bei unserer vorherigen Ortswahl
zu bleiben,
zumal wir dort die Gastgeber inzwischen kennen. Ein guter Übernachtungstipp
ist es aber allemal.
Wir ziehen weiter.
Vor dem 24 Stunden geöffneten Supermarkt treffen wir die Belgierin Therese
und den Amerikaner Rick.
Beide haben wir bereits unmittelbar nach unserer Ankunft im Lamai Gym-Club
- genau gegenüber von unserem Bungalow - getroffen.
Die beiden hatten sich vor 11 Jahren in Schweden kennen gelernt und kurz
darauf beschlossen, alles aufzugeben und gemeinsam auf Reise zu gehen.
Jetzt haben sie zwar kein Zuhause mehr, aber überall auf der Welt Freunde
und Bekannte, die sie in unregelmäßigem Turnus besuchen. Ein Heim brauchen
und vermissen sie nicht.
Das beruhigt uns, denn wir haben ja die gleiche Geschichte vor und hinter
uns und sind de facto auch ohne
festen
Wohnsitz.
Ihre Reiseleidenschaft finanzieren die beiden durch grenzüberschreitenden
An- und Verkauf von Schmuck, Steinen, Kleidung und Handarbeiten.
Rick pflegt seinen Status als Ex-Marine, aber auch sie ist drahtig und
durchtrainiert.
Irgendwie sind sie auf eine diskrete Art stets “gut drauf”. Offen aber
nie distanzlos.
Bislang sei ihnen bis auf zwei Schlägereien, einen Diebstahl und einen
Verkaufsbetrug noch nichts Schlimmes passiert.
Dennoch können sie recht kurzweilig Horrorgeschichten darüber erzählen,
was anderen Leuten, die sie im Laufe ihres Reisejahrzehnts getroffen haben,
so alles widerfahren ist.
Einige fatale Ereignisse zeugen von unglaublicher Gedankenlosigkeit, Ignoranz
und Dummheit der Opfer. Oft seien Touristen betroffen, die von weitem
für jeden sichtbar ein "V” für Victim auf der Stirn tragen.
Auch wir haben solche bereits gesehen und getroffen.
Andere Stories jedoch zeugen von der hemmungslosen Schlechtigkeit und
gewissenslosen Geldgier mancher rücksichtloser Zeitgenossen.
Erst vor zwei Wochen sei beispielsweise wenige hundert
Meter von Lamai entfernt bei einem fingierten Unfall dem vermeintlichen
Helfer der Arm mit einer Machete abgehackt worden, als er sich gegen die
Räuber zur Wehr setzen wollte.
Auch Geschichten von Trickbetrügern in Singapur, die gekaufte Ware beim
Verpacken gegen eine andere austauschen, Geldwechslern, die einen beim
Geldtausch durch geschicktes Ver- und Nachzählen betrügen, von Taxiüberfällen
auf den Phillipinen, bis hin zu betäubten unfreiwilligen Organspendern
in Südamerika machen die Runde.
Astrid ist schockiert und hält sich angesichts so viel Bösem für ziemlich
naiv.
Der Supermarkt ist nicht nur die billigste Möglichkeit, sich rund um die
Uhr mit Ess- und Trinkbarem zu versorgen:
Therese und Rick haben es durch ihre Kontaktfreudigkeit und regelmäßige
Anwesenheit in den letzten 4 Wochen auch geschafft, die Steinbänke vor
dem Laden in ein bis spät in den Morgen lebhaft besuchtes Kommunikationsforum
für (trinkfeste) Traveller zu verwandeln.
Jeder scheint hier früher oder später auf kurz oder lang vorbeizukommen
und das Seine zur allgemeinen Unterhaltung beizutragen:
Ein Holländer, der sich seinen Traum mit einem 26 Rye großen bebauten
Grundstück im Hinterland erfüllt hat, eine englische Krankenschwester,
die sich bei einem Mopedunfall eine Kopfverletzung mit Monokelhämatom
und 5 tägiger Amnesie zugezogen hat, eine stets vor sich hin
pichelnde
französische Reisegruppe, ein massig gebauter Neuseeländer mit der freundlichen
Naivität eines Fünfzehnjährigen und und und.
Als wir schließlich nach Hause gehen, dämmert fast schon der Morgen. Trotzdem
sind noch immer viele Leute, Thais und Farangs unterwegs, haben etliche
Animierbars noch geöffnet, werden noch “Thai Massagen” angeboten und auch
frittierte Hähnchenteile (das Öl ist inzwischen allerdings pechrabenschwarz,
da es nur einmal täglich gewechselt wird) sind an den Straßenständen
noch erhältlich. Lamai- und Chaweng Beach schlafen auch in der momentanen
touristenarmen Saison nie...
Mittwoch:
17.05.00/30. Weltreise-Tag:
Marco, der im Bungalow über uns lebende deutschsprachige Schweizer
ist schon oft und auf verschiedenen Inseln Thailands gewesen.
6 Monate im Jahr arbeitet er in der Schweiz bei einem Zustelldienst, den
Rest des Jahres verbringt er damit, seine thailändischen Freundinnen zu
besuchen.
Innert 3 Stunden zählt er uns die schönsten thailändischen
Inseln, ihre Vorzüge und Nachteile auf und übertrifft dabei
jeden gedruckten Thailand- Reiseführer an Aktualität und Insidertipps:
Koh Jum dicht bei Koh Chang westlich
von Koh Lanta soll schöne, einsame Strände haben. In unserem Reiseführer
ist sie nicht erwähnt.
Von Koh Lanta ist er ebenfalls begeistert, diesen Reisetipp haben wir
auch schon von anderen Reisenden gehört.
Koh Phi Phi platze aus allen Nähten, eine Bungalowanlage neben der anderen,
Massentourismus. Lediglich Tauchen sei dort sehr schön, wenn auch kein
Vergleich zu früher, da viele Korallenriffe in den letzten zwei Jahren
abgestorben und nur noch tote Mondlandschaft seien.
Auf Koh Tao empfiehlt er vor allem den felsigen Osten zum Schnorcheln,
zum Tauchen sei der Südwesten der Insel am empfehlenswertesten... Links?
Mitten in Lamai gibt es eine riesige Fressstrasse, in der ca. 10-12 verschiedene
Restaurants auf ca. 150 Metern nebeneinander liegen. Von thailändischer
bis zu indischer Küche, von Pizza bis zu amerikanischem Fastfood und Vegetarischem
gibt es dort alles. Wir entscheiden uns schließlich für - ein thailändisches
Familienrestaurant.
In der Sexyeyesbar treffen wir Yuppa und Andy wieder, ein sympathisches
thailändisch-
deutsches Pärchen. Sie wollen hier ein Grundstück kaufen und eine Existenz
aufbauen.
Wir erfahren viel über Grundstückpreise, Kaufverträge und einige thailändische
Interna, die einem ein solches Vorhaben ziemlich vermiesen können.
Angesichts der lasziven Routine, mit der sich Yuppa im Sexyeyesbar- Ambiente
bewegt, beschleichen uns allerdings Zweifel an der glücklichen Realisierbarkeit
von Andys hochfliegenden Zukunftplänen.
Der anschließende Gang zur Trink- und Quatschrunde vor dem Supermarkt
ist schon fast zwingend, ebenso unser nächtliches Wellness- Programm,
bestehend aus Nacktbaden und -schwimmen, Körperpeeling und Lufttrocknung.
Weiter mit Koh Samui 2
|